Nachbetrachtung und Richtigstellung: Ein toter polnischer Fan, ein beendeter Streik und (keine) klassenkämpferische(n) Ultras

R.I.P Dawid Gedenken an polnischen FanRot Weiss Essen gegen KFC Uerdingen am 08. Mai 2015

In meinen beiden Beiträgen von letzter Woche, Der kommende Spieltag, ein gekillter Fan in Polen und der Streik der Bahner sowie Bratwurst oder Bambule? setzte ich mich mit den Möglichkeiten von Fanaktionen zum aktuellen politischen und sozialen Geschehen auseinander.

Das erste darin erwähnte Ereignis wurde – wenig überraschend – in sehr vielen, nicht nur deutschen Stadien, am letzten Wochenende zahlreich kommentiert: Beim Viertligaspiel in Knurów bei Katowice am 02. Mai wurde ein 27-Jähriger Fan von einem Gummiprojektil der Polizei am Hals getroffen und starb in einem Krankenhaus. Daraufhin griffen Hooligans die Polizeistation in Knurów, das rund 40.000 Einwohner hat, mit Steinen und Molotowcocktails an. Ein lesenswerter Beitrag zu den Solidaritätsaktionen sowie den Hintergründen findet sich auf Ballesterer Online: Fan, Vater, Kumpel. Ein weiterer bei Faszination Fankurve: Große Anteilnahme am Tod von Dawid.

Anders verhielt es sich jedoch – wenn auch nicht unerwartet – in Bezug auf die Streikenden bei der Bahn. Meines Wissens kam es zu keinerlei Äußerungen der Solidarität seitens der Fans – weder auf den Bahnhöfen noch in den Stadien. Die (organisierten) Fußballfans scheinen mit dieser Ignoranz allerdings voll im gegenwärtigen Trend zu liegen. Auch von Seiten der (radikalen) Linken wie auch von Basisgewerkschaftern kam es allenfalls hier und da zu kleineren Solidaritäts-Akti(önch)en sowie zu zahnlosen Solidaritätsbekundungen in Form langweiliger Traktate. Keinen besetzten Bahnhof, keine mächtige Demo und auch nicht “die eine oder andere direkte Aktion gegen die Streikfeinde”, wie es das Lower Class Magazine empfahl, gab es zu verzeichnen.

Nach einer Woche Streik – bei dem es zu massiven Beeinträchtigungen im Güter- und Personenverkehr kam – stehen die Lokführer sowie die anderen kämpfenden Teile des Bahnpersonals jedoch immer noch ohne jegliches konkrete Angebot seitens des Bahnmanagements da. Nicht ausgeschlossen also, dass sie ihre Aktivitäten in Form von Streiks in Kürze fortsetzen werden. Ob beim nächsten Mal mit größerer Unterstützung von außen, wird sich dann zeigen.

Richtigstellung:
In einem Kommentar auf linksunten.indymedia wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass mir in meinem Beitrag Der kommende Spieltag, ein gekillter Fan in Polen und der Streik der Bahner ein Fehler unterlief. Ich schrieb fälschlicherweise: “Eine Unterstützung von streikenden Arbeitern würde jedoch weit darüber hinaus gehen. In der Türkei gab es solche Beispiele schon zu beobachten, in Deutschland hingegen sind, zumindest mir, bisher keine bekannt”. Dies ist nicht zutreffend. Zumindest die Nürnberger Ultras unterstützten 2006 die streikenden Arbeiter bei der AEG. Dies kann man auch in dem Dokumentarfilm Gate 8 sehen (im Teil 4).

R. (footballuprising.blogsport.eu)

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