Von Christoph Rieke
Zwei Jahre nach den gewaltsamen Ausschreitungen im Gezi-Park geht das wohl wichtigste Verfahren wegen der regierungskritischen Proteste zu Ende. Dass dabei Fußballfans im Mittelpunkt stehen, ist nur eine Facette eines absurden Verfahrens.
Anna Luczak ist fassungslos, wenn sie über den wohl wichtigsten Prozess wegen der regierungskritischen Gezi-Proteste spricht. “Dass eine solch absurde Anklage zugelassen wurde, lässt befürchten, dass es Verurteilungen gibt.” Die Berliner Rechtsanwältin wird in Istanbul als Prozessbeobachterin dabei sein, wenn nach zwei Jahren über das Schicksal von 35 Anhängern der Ultra-Gruppierung Çarşı entschieden wird. Angeklagt als “terroristische Vereinigung”, wird den Fans des Istanbuler Erstligisten Beşiktaş unter anderem vorgeworfen, bei den Gezi-Demonstrationen im Sommer 2013 einen Putschversuch unternommen zu haben.
Zunächst waren es einige Hundert Menschen, die damals im zentralen Gezi-Park für den Erhalt von Bäumen demonstrierten. Doch nur wenige Tage später schlugen die Proteste um. Mehrere Zehntausend, darunter viele Fußballfans, forderten den Rücktritt der islamisch-konservativen AKP-Regierung von Recep Tayyip Erdoğan. Der damalige Premierminister ordnete die Räumung des Parks sowie des angrenzenden Taksim-Platzes an. Noch Tage nach den brutalen Polizeieinsätzen wurde die türkische Metropole am Bosporus von heftigen Straßenschlachten erschüttert.
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