Gericht bestätigt Todesurteile gegen Fußball-Ultras

Ägypten: Gericht bestätigt Todesurteile gegen Fußball-UltrasUrteil wegen des Vorfalls von Port Said: Angeklagte in Kairo   |  © Mohamed El-Shahed/AFP/Getty Images

Elf Gewalttäter, die vor drei Jahren in Port Said eine brutale Randale auslösten, sollen sterben. Ein Gericht bestätigte die Todesurteile – nach Prüfung durch den Mufti.

Ein ägyptisches Gericht hat die Todesurteile gegen elf Fußball-Ultras bestätigt, die 2012 an Fan-Ausschreitungen beteiligt gewesen sein sollen, bei denen es die meisten Toten gab in der Geschichte des Landes. Nachdem der Mufti, die höchste staatliche Glaubensautorität im Land, seine Meinung zu dem Verfahren kundgetan hatte, bekräftigten die Richter in den elf Fällen ihre Entscheidung vom Januar 2013. 40 der 73 Angeklagten erhielten bis zu 15 Jahre Haft, der Rest wurde freigesprochen.

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Radio-Feature: Die Hippie-Hools vom Gezi-Park

Anlässlich des zweiten Jahrestages von Occupy Gezi das Radio-Feature Die Hippie-Hools vom Gezi-Park von Ralf Heck, James Steen und Bob Dilan für footballuprising.


Das Feature kann man auch hier direkt anhören, ohne Soundcloud.

D 2015 –  footballuprising – 14 Min.

Sommer 2013: Zehntausende Fußballfans der unterschiedlichen Klubs schließen sich dem Aufstand in der Türkei an: Die Supportergruppe Çarşı von Beşiktaş Istanbul vereinte sie in einer Demonstration gegen das Erdoğan-Regime – der größten, die während des Gezi-Park-Aufstandes stattfand.

Sommer 2015: Gegenwärtig sitzen 35 Mitglieder von Çarşı auf der Anklagebank aufgrund ihrer Beteiligung an der Revolte im Sommer 2013. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Putschversuch vor. Lebenslänglich Knast droht ihnen bei einer Verurteilung. Doch welche Rolle spielte Çarşı bei den Protesten? Wie ticken ihre Mitglieder? Wurde der Aufstand einzig von einer brutal agierenden Polizei niedergeschlagen oder scheiterte er nicht vielmehr auch an den inneren Widersprüchen der Bewegung?

Diese und noch weitere Antworten liefert das folgende Feature.

Links zum Thema:
Artikel: Die Hippie-Hools vom Gezi-Park → footballuprising
Interview: Çarşı – Wir sind gegen Alles → footballuprising
Fotos: Gezi-Park-Revolte, Istanbul, Juni 2013 → footballuprising

Veranstaltung: Mit schweren Geschützen gegen die Istanbuler Gezi-Proteste

Das Strafverfahren gegen den Fußballfanclub Çarşı wegen Putschversuchs. Veranstaltung mit Verteidigung und Prozeßbeobachtern

Donnerstag, 18. Juni 2015 um 19.30 Uhr, Werkstatt der Kulturen, Berlin

In Istanbul wird am 26. Juni 2015 nach nur drei Prozesstagen eines der wichtigsten Verfahren wegen der Gezi- Proteste im Jahr 2013 zu Ende gehen.

Angeklagt als „terroristische Gruppierung“ ist Çarşı, eine seit 1983 bestehende Gruppe von Anhängern des Istanbuler Fußballvereins Beşiktaş. Den 35 Angeklagten wird u.a. vorgeworfen, während der Gezi- Prostest einen Putschversuch unternommen zu haben. Es drohen Strafen von bis zu 49 Jahren.

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Staat gegen Ultras

Gedenken an 72 Fußballfans, die während eines Rachefeldzugs der Gedenken an 72 Fußballfans, die während eines Rachefeldzugs der Polizei im Februar 2012 bei einem Ligaspiel in Port Said ermordet worden waren: Die Ultraszene skandierte am 9. März 2013 in Kairo ihre Vorwürfe gegen das Innenministerium Foto: Amr Dalsh / Reuters

Von Sofian Philip Naceur, Kairo

Seit der Rebellion auf dem Tahrir-Platz 2011 kriminalisiert Ägyptens Polizei die Ultraszene der obersten Fußballiga aufs äußerste. Immer wieder ist der Tod von Fans zu beklagen.

Drei Jahre hatte es gedauert. Drei Jahre Unruhe, Kampf und banges Warten auf eine Rückkehr zur Normalität im ägyptischen Profifußball. Dann, am 8. Februar 2015, war es soweit. Nach dem bis heute nicht vollständig aufgeklärten Massaker im Stadion von Port Said am 1. Februar 2012, bei dem 72 Fußballfans zu Tode kamen, war es den Anhängern des Kairoer Spitzenklubs Zamalek SC erstmals wieder erlaubt, im Stadion einer Ligapartie ihres Teams beizuwohnen. Tausende Fans strömten euphorisch und ausgelassen zum armeeeigenen Air-Defence-Stadion in einem Vorort von Kairo. Doch schon vor Anpfiff des Spiels zwischen Zamalek und dem zum gleichnamigen Erdölkonzern gehörenden Klub ENPPI in der Oberklasse-Vorstadt Neu-Kairo kam es zum Unglück. Hunderte Menschen warteten vor einem Eingangstor des Stadions in einem von Eisenzäunen gesäumten Gang dicht gedrängt auf Einlass, als Tränengasgranaten der Bereitschaftspolizei eine Massenpanik auslöste. Dabei starben offiziellen Angaben zufolge 19 Zamalek-Anhänger. Die Fanorganisation Ultras White Knights (UWK) spricht von 22 Toten.

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Egyptian football. Red card for the ultras

The sport’s most volatile supporters are banned

FOOTBALL, like politics, arouses strong passions in Egypt. Bring the two together and you get a combustible mixture. Add police brutality and you get the explosive atmosphere of Egypt’s football league.

Rivalries between opposing clubs are heated. The league was cancelled in 2012 after a brawl at a match in Port Said left 74 dead. (Play was suspended the next year, too.) But the animosity between Egypt’s hard-core fans, known as “ultras”, and the authorities—who share blame for the Port Said violence—is even fiercer. Matches are now played behind closed doors, without fans, to avoid incidents. On May 16th a court in Cairo tried to stamp out any remaining embers by banning ultra groups.

The case against the ultras was brought by Mortada Mansour, the chairman of Cairo-based Zamalek SC and a supporter of Abdel-Fattah al-Sisi, Egypt’s president. Mr Mansour is hated by fans, who doused him with urine last year. He calls the ultras “terrorists”. When 22 people were killed in a stampede outside a match in February, fans blamed aggressive police. But Mr Mansour said the ultras provoked the security forces. Pressed for an explanation, he replied: “Ask the Muslim Brotherhood.”

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Brigadistas in Paradise – The Green Brigade and left wing football fan culture

Von Eoin O’Ceallaigh

The following is an abridged summary of a qualitative study undertaken as part of the Masters in Community Education, Equality and Social Activism at the National University of Ireland Maynooth. The thesis drew upon theories of culture, subculture, social movements, radical pedagogy, ethnographies and studies of ultras, gender and football research, as well as studies of the Irish immigrant experience in Scotland, and specifically the role of Celtic FC as an expression of Irish identity.

The Green Brigade of Glasgow Celtic Football Club were founded in 2006 as an explicitly anti-sectarian, anti-racist and anti-fascist group of ultras, who would celebrate Irish Republicanism, oppose the commercialisation of football, and act as an alternative to apolitical fans groups who were perceived as being too close to the management of the club.

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Viel mehr als Fußball

ofir1. Juli 2013: Zwei Muslime stehen seit diesem Tag nicht mehr im Kader von Beitar Jerusalem. Rechte Fans des Klubs feiern dies, überfallen zunächst einen arabischen Kellner, brechen dann ins Trainingsgelände von Beitar ein und zwingen Spieler Ofir Kriaf, eine Rauchbombe zu schwenken. Foto: Foto: imago/David Vaaknin

Von Martin Hoffmann

Jeder israelische Verein spiegelt durch seine politisch orientierten Ultragruppen die Geschichte seiner Stadt wider. Auch in Israel ist Fußball die beliebteste Sportart. Allerdings hat jeder Spitzenverein eine eigene Identität, die mit Geschichte, Politik und Religion untrennbar verbunden ist.

Tel Aviv. Mindestens in einer Hinsicht unterschieden sich die Heimspiele des israelischen Erstligisten Maccabi Haifa bis vor kurzem von denen der Teams anderer europäischer Ligen. Nach dem Spiel fanden sich kaum leere Plastikbecher auf den Zuschauertribünen, sondern die Schalen von Sonnenblumenkernen. »Das liegt nicht nur an den zahlreichen arabischen Fans von Maccabi Haifa«, erklärt Anhänger Yonatan Trius. Auch die jüdischen Fans des Klubs kauen die Kerne – eine der levantinischen Traditionen, die von den Israelis übernommen wurden.

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Streiksupport im Fußballstadion

Links zum Thema:
Bratwurst oder Bambule? → footballuprising
Der kommende Spieltag, ein gekillter Fan in Polen und der Streik der Bahner → footballuprising
Linkliste zum Streik bei der Bahn → footballuprising
Germ. Halberstadt – FSV Zwickau

In meinem Beitrag von letzter Woche Nachbetrachtung und Richtigstellung: Ein toter polnischer Fan, ein beendeter Streik und (keine) klassenkämpferische(n) Ultras schrieb ich: “[…] Meines Wissens kam es zu keinerlei Äußerungen der Solidarität seitens der Fans – weder auf den Bahnhöfen noch in den Stadien. Die (organisierten) Fußballfans scheinen mit dieser Ignoranz allerdings voll im gegenwärtigen Trend zu liegen. Auch von Seiten der (radikalen) Linken wie auch von Basisgewerkschaftern kam es allenfalls hier und da zu kleineren Solidaritäts-Akti(önch)en sowie zu zahnlosen Solidaritätsbekundungen in Form langweiliger Traktate. Keinen besetzten Bahnhof, keine mächtige Demo und auch nicht «die eine oder andere direkte Aktion gegen die Streikfeinde», wie es das Lower Class Magazine empfahl, gab es zu verzeichnen […]” Mindestens zwei Fangruppen stellten sich jedoch – zumindest etwas – gegen diesen Trend. Sowohl Red Kaos (Ultra’ Zwickau) als auch die St. Pauli Fans zeigten Solibanner in den Kurven, um ihre Solidarität mit den Streikenden bei der Bahn zum Ausdruck zu bringen.

R. (footballuprising.blogsport.eu)

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1.FC Kaiserslautern – FC St.Pauli
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1.FC Kaiserslautern – FC St.Pauli

Diskussion: Plastikverein. Retortenprodukt. Brauseverein

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Im empfehlenswerten und für schlappe 3,50 € erhältlichen Fanzine Blickfang Ultra 36 wurde die RB-Debatte zwischen footballuprising und dem YaBasta!-Blog nochmal nachgedruckt und um folgende Einleitung ergänzt:

Plastikverein, Retortenprodukt, Brauseclub. Der Fußballverein Red Bull, tschuldigung Rasenballsport Leipzig lässt sicher niemanden kalt, der oder die sich auch nur ansatzweise für Fußball interessiert. Und es fällt wirklich leicht sich negativ über alles zu äußern, was mit RB Leipzig zu tun hat. Weniger leicht scheint es zu sein, Kritik und Protest in angemessener, wirksamer oder origineller Art und Weise rüberzubringen, ganz zu schweigen davon fanszenen-übergreifende Aktionen hinzubekommen, wie es das „Nein zu RB“-Bündnis versucht. Nicht wirklich gelungene oder grenzwertige Aktionen gegen RB Leipzig haben es dagegen Verbänden und Presse wiederum erleichtert in die übliche Hysterie zu verfallen, wo dann beispielsweise der DFL-Geschäftsführer Seifert in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau ohne Gegenwind brennende Autos mit Urinbechern gleichsetzen kann. Um den eigentlichen Kritikgegenstand, nämlich RB Leipzig, geht es bei der Aufregung über Chaoten, Gewalt und Hitler-Vergleiche dann gar nicht mehr – was den Verantwortlichen bei RB Leipzig und sicher auch einer Menge anderer Funktionäre, Politiker und Pressevertretern nur recht sein kann. Schade eigentlich, dass wir es ihnen oft so einfach machen durch Unsachlichkeit, Aneinandervorbeireden und Dissen.

Umso mehr haben wir uns über das nachfolgende Beispiel einer konstruktiv-kritischen Diskussion zum Thema RB Leipzig gefreut und laden euch wie immer ein uns eure Meinungen und Rückmeldungen zukommen zu lassen.

(Ela)