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Zürcher Südkurve verurteilt unverhältnismässigen Polizeieinsatz aufs Schärfste → suedkurve.ch
Zürcher Fussballderby: Von der Fritschiwiese zum Stadion Letzigrund waren massiv Feuerwerkskörper und Leuchtpetarden gezündet worden (Symbolbild). (Bild: Adrian Baer / NZZ)
Von yr.
Bei der Einkesselung von über 800 Fans des FC Zürich war die Polizei am Samstag heftiger Gewalt ausgesetzt. Am Sonntag meldeten sich der Polizeiverband und die «Südkurve» zu Wort.
Am 240. Zürcher Fussballderby sind am Samstagnachmittag für einmal auch die Reihen in der sogenannten «Südkurve», dem zumeist gut gefüllten Fan-Sektor des FC Zürich, weitgehend leer geblieben. Einzig ein Transparent mit etwas kryptischem Inhalt erinnerte an die ausgebliebenen Fans: «Polizeistaat-Stimmung» stand darauf. Die Polizei – die Stadtpolizei Zürich mit Unterstützung der Kantonspolizei – kesselte im Vorfeld des Stadtderbys gegen den Grasshopper-Club über 800 Personen ein, nachdem auf dem Fanmarsch von der Fritschiwiese zum Stadion Letzigrund massiv Feuerwerkskörper und Leuchtpetarden gezündet worden waren.
Angriffe auf die Polizei
Die Eingekesselten wurden einer Personenkontrolle unterzogen. Dieser Vorgang dauerte bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und Schneetreiben mehrere Stunden. Dies auch deshalb, weil es immer wieder zu gezielten Angriffen gegen Polizisten kam. Dabei erhielten die Eingekesselten Unterstützung von Kollegen aus dem Stadion, die von der Polizeiaktion nicht betroffen waren.
Wie die Stadtpolizei in ihrer Medienmitteilung schreibt, wurde ein Polizist vom Mob mit einer Stange angegriffen und verletzt. Er musste ambulant behandelt werden. Diesbezüglich spricht der Verband Schweizerischer Polizei-Beamter von versuchter Tötung. «Wir sind schockiert über die Brutalität, die von sogenannten Fans ausgeht», heisst es im Communiqué des Polizeiverbandes. Polizisten seien während ihres Einsatzes von den Chaoten massiv bedrängt, in ihren Fahrzeugen angegriffen oder mit Flaschen und Steinen beworfen worden, schreibt die Stadtpolizei.
Zwei Einsatzfahrzeuge wurden stark beschädigt, hinzu kommen Sachschäden im Bereich der Badenerstrasse in unbekannter Höhe. Während der Ausschreitungen, die bis gegen 23 Uhr dauerten, blieb die Gegend für den Verkehr gesperrt. Die Polizei setzte mehrfach Gummischrot, Pfefferspray und zwei Wasserwerfer ein. Dabei erlitten zwei Personen leichte Verletzungen. Elf Personen wurden vorübergehend festgenommen, zumeist wegen des Verdachts auf Gewalt und Drohung gegen Beamte. Soweit dies abzuklären war, befanden sich die meisten von ihnen am Sonntag wieder auf freiem Fuss.
«Südkurve» nimmt Stellung
Beim parallelen Fanmarsch der GC-Fans, der vom Hardturm aus gestartet wurde, kam es zu einem einzigen Gummischrot-Einsatz. Im Gegensatz zur «Südkurve» war der GC-Sektor während des Spiels, das mit einem 2:0-Sieg des FC Zürich endete, normal besetzt.
Am Sonntag wandte sich die «Südkurve» mit einer Medienmitteilung an die Öffentlichkeit. Darin bezeichnet sie den Grund für die Einkesselung als fadenscheinig und das Vorgehen als unverhältnismässig. Der Einsatz von Pyro habe sich im üblichen Rahmen bewegt. In den letzten Jahren sei der Fanmarsch der FCZ-Fans wiederholt geduldet worden, heisst es im Communiqué. Dem entgegnet die Stadtpolizei, bei solchen Fanmärschen handle es sich prinzipiell um unbewilligte Demonstrationen. Bei vereinzeltem Zünden von Feuerwerken werde das zwar toleriert. Doch am Samstag sei der Einsatz von Pyro derart massiv gewesen, dass ein Einschreiten unausweichlich gewesen sei.
Abschliessend schreibt die «Südkurve» in ihrem Communiqué, Polizeieinsätze hätten sich gegen fehlbare Einzelne zu richten. Die Einkesselung und kollektive Fichierung Hunderter sei rechtsstaatlich höchst fragwürdig.
Quelle: NZZ, 22. Februar 2015