Zur Innenministerkonferenz in Koblenz

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Von Inferno Koblenz

Derzeit findet in Koblenz eine Konferenz der Innenminister statt. Medienberichten zufolge soll dort der Vorschlag eingebracht werden, Möglichkeiten zu schaffen, die Kartenkontingente für Gästefans (noch weiter) zu verringen. Wir erinnern uns: Diese Möglichkeit wurde im Rahmen des DFL-”Sicherheitskonzeptes” bereits am 12.12.2012 beschlossen. Seinerzeit beteuerte man, diese Regelung würde als ultima ratio nur bei gewissen Risikospielen genutzt werden. Viele Fans befürchteten bereits damals, dies könne Einfallstor für weitere Einschränkungen der Freiheit von Fußballfans in Deutschland werden.

Scheinbar halten gewisse Entscheidungsträger die aktuelle gesamtgesellschaftliche Sicherheitsdiskussion für den perfekten Zeitpunkt, die Möglicheit der Gästekartenreduzierung weiter zu zementieren und ihr langsam, aber sicher von der Ausnahme zur Regel zu verhelfen.

Warum wir uns nun äußern?

Da die Konferenz in unserer Stadt tagt, können wir nicht anders, als auch auf diesem Wege unseren Standpunkt deutlich zu machen, zumal wir heute versucht haben, unseren Protest direkt vor Ort an die Teilnehmer der Konferenz zu adressieren, was uns zum Teil gelang.

So konnten wir am Konferenzort und in der näheren Umgebung einige Spruchbänder anbringen, die jedoch leider mittlerweile durch die Polizei entfernt wurden. Wäre ja auch noch schöner, berechtigte Kritik einfach mal zuzulassen.

Um diesen Protest nicht im gewissermaßen luftleeren Raum rund um den Veranstaltungsort, die “Rhein-Mosel-Halle”, verpuffen zu lassen, hoffen wir, hier gerade auch die Menschen erreichen zu können, die in die Thematik bislang nicht involviert waren, um so den ein oder anderen Denkanstoß zu liefern.

Diese Menschen werden sich zunächst die Frage stellen, warum in den Zeiten eines Spannungsfeldes zwischen Sicherheitsdiskurs, Terrorismus und möglichen Militärauslandseinsätzen ausgerechnet Fußball thematisiert werden sollte. Diese Frage müssen wir uns gefallen lassen und wollen sie beantworten. Auch wenn uns als Fans eines Fünftligisten o.g. Maßnahmen auf den ersten Blick kaum treffen, hat der Blick über den Tellerrand noch nie geschadet.

Gerade wenn in Medienlandschaft und Politik einhellig vorgegeben wird, darin übereinzustimmen, dass uns die jüngsten Ereignisse in Paris nicht dazu verleiten sollten, die Freiheitlichkeit unseres Gemeinwesens und unserer Kultur wegen Leuten zu opfern, die eben das bezwecken, genau dann muss sich der Blick auch auf das vermeintlich Unwichtige richten. Denn genau dort wird zuerst an den Stellschrauben gedreht, die man nach oben genannter Prämisse doch gar nicht erst anfassen sollte.

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…ist ein bekannter Ausspruch, den auch wir nun im Rahmen der Konferenz via Spruchband geäußert haben. Auf den ersten Blick möglicherweise naiv anmutend beschreibt er treffend diese Falle, in die die Politik aktuell tappt. Völlige Sicherheit ist eine Illusion. Darum wehret den Anfängen!

Auch könnte man nun einwenden, die angedachte Möglichkeit zur Reduzierung von Gästekartenkontingenten stünde in keinem Zusammenhang mit der Sicherheitsdebatte, die die Anschläge in Paris in Gang gesetzt haben. Das wäre in unseren Augen pure Heuchelei.

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Zu Recht hagelte Kritik auf diejenigen ein, die die Anschläge zum willkommenen Anlass nahmen, sie im Rahmen der Flüchtlingsdebatte für ihre politischen Ziele zu missbrauchen. Die zum Teil selben Kritiker, die diese Äußerungen richtigerweise als zynisch und widerwärtig bezeichnet haben, finden es nicht zynisch und widerwärtig, den Moment zu nutzen, um im großen Rundumschlag die Rechte von Fußballfans zu beschneiden. Weil: Sicherheit und so.

Bitte erspart uns Eure heuchlerischen Beteuerungen, das eine hätte mit dem anderen nichts zu tun. Es ist offensichtlich, dass Leute, deren Thema und Einnahmequelle “Sicherheit” ist, es gerade jetzt als günstige Situation empfinden, ihre Phantasien in die Tat umzusetzen.

Die Nordwestkurve Frankfurt hat vor einigen Tagen überzeugend skizziert, wie die Pariser Geschehnisse am darauffolgenden Bundesligawochenende das Verhalten deutscher Behörden beeinflusst haben: Fünf von neun auswärtsfahrenden Fanszenen der Bundesliga wurde in Teilen und aus den unterschiedlichsten (stellenweise lächerlichen) Gründen die Begleitung ihrer Mannschaft unmöglich gemacht. Ohne eine Ferndiagnose der genauen Einzelfälle zu wagen, liegt doch eines nahe:

Im Schatten von Paris hinterfragt – verständlicherweise – niemand das Vorgehen gegen Fußballfans, obwohl auch das Anschauen eines Fußballspiels Ausdruck einer offenen und freiheitlichen Kultur ist, die man doch angeblich vor Terror schützen möchte. Aber genau andersherum scheint in den Augen der Sicherheitsfanatiker in den deutschen Behörden ein Schuh daraus zu werden: Geplant war in Paris auch ein Anschlag auf die Zuschauer eines Fußballspiels, also zwingt man anreisende Gästefans in der Bundesliga schon auf dem Hinweg wegen Lappalien zur Heimfahrt und nutzt die Gelegenheit, um die Reduzierung von Gästekartenkontingenten salonfähig zu machen.

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Auch wenn es schwerfällt, hierbei sachlich zu bleiben, so machen wir uns doch ein paar Dinge klar: Kein Terrorist der Welt, der ein Fußballstadion ins Visier nimmt, wird sich von einem reduzierten Gästekartenkontingent abhalten lassen. Er wird sich eine Karte für die Heimseite kaufen.

Vielmehr schafft man weitere Probleme: Wie die Vergangenheit gezeigt hat, werden gerade die Fans größerer Vereine ihre Mannschaft auswärts begleiten, auch wenn sie keine Aussicht auf Gästekarten haben und sich stattdessen in Bereiche außerhalb der jeweiligen Gästeblöcke begeben.

Zudem wäre die Umsetzung o.g. Ideen, die auf dem Treffen der Innenminister diskutiert werden sollen, ein Dammbruch: Wird die eine Maßnahme aufgrund vermeintlicher Oppurtunität im Zusammenhang mit der Sicherheitsdebatte durchgewunken, folgt die nächste umso leichter. Die Sicherheitsbehörden würden immer weniger hinterfragt, da ein Opfer auf dem Altar der Sicherheit zunehmend leichter fallen und zunehmend weniger hinterfragt werden wird. Wer schützt uns dann noch vor Willkür, wer überwacht noch die Wächter?

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Dass dies keine reine Illusion ist, zeigt wiederum der Blick nach Frankreich. Dort ist es unter den Eindrücken der jüngsten Terroranschläge sämtlichen Fußballfans für einige Zeit prinzipell untersagt worden, ihre Mannschaft zu Auswärtspielen zu begleiten.

Da die Menschen in Frankreich nun zum wiederholten Male Zielscheibe islamistischer Terroranschläge geworden sind, zuletzt sogar ohne Ansehung ihrer Rolle, Weltanschauung und Einstellung, scheinen solche Maßnahmen noch eher nachvollziehbar. Sinnvoll sind sie aus unserer Sicht – wie gesagt – dadurch aber noch lange nicht.

Lassen wir nicht zu, dass einer offenen Gesellschaft innewohnende Freiheiten, zu denen auch lapidare Dinge wie der Besuch von Fußballspielen zählen, nach und nach von Leuten beschnitten werden, die nur darauf gewarten haben, eine Situation wie die aktuelle auszunutzen.

Selbst Menschen, die den Aktivitäten von Fußballfans grundsätzlich kritisch gegenüberstehen, sollten zwischen dieser Kritik und der Bewertung heuchlerischer Politikervorhaben unterscheiden können.

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treatus

P.S.: Obwohl viel über die Sinnhaftigkeit solcher Petitionen diskutiert werden kann, möchten wir noch ausdrücklich auf folgende hinweisen:

https://www.openpetition.de/petition/online/haende-weg-vom-gaestekontingent-fuer-den-erhalt-der-10-prozent-regel-in-den-deutschen-stadien

Quelle: Inferno Koblenz, 03. Dezember 2015

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